Altmeyer

Altmeyer

Zu den Arbeiten von Josephine Altmeyer im Kunstraum j3fm.
Der Titel der Ausstellung scheint einem Gespräch entnommen. Man redet über jemanden, Joe, eben die Person, die angeblich nicht mehr malt. Durch die Verneinung in diesem anonymen Zitat wird man nun aber geradezu darauf gestoßen, in dieser Ausstellung stehend, über Malerei nachzudenken. Man sieht Leinwand, ein Foto auf Kunststoffplane, Fotos auf Papier, auf Körper, das Genre der Porträtmalerei, von Menschen und einem Pferd. Und Farben. Ein fotografisches Doppelporträt auf LKW-Plane gedruckt, ein männlich-weiblich lesbares Paar, hängt an der Stirnseite des Ausstellungsraums. Das Foto ist farblich stark Rot-Grün verfremdet. Diese beiden Farben wirken als Komplementärkontrast, sind gleichzeitig einfach und stark in der Wirkung. Miteinander gemischt, würden sie sich gegenseitig auslöschen. So scheint es logisch, dass sich die Blicke des Paares nicht treffen. Und zumindest eine der beiden Personen scheint zu wissen, dass die Intimität nur durch den öffentlichen Blick hergestellt wird. Dieses Nachdenken über Farbwirkungen bezieht sich genauso auf die anderen Arbeiten der Künstlerin.
Der in schwarzer Farbe auf weißgrundierte Leinwand gesprayte Pferdekopf changiert zwischen klas-
sischer Malerei und schneller Skizze. Die Blickrichtung des Pferdes ist nach oben gerichtet. Es (oder
die Betrachter*in) wirkt aus der Richtung geworfen.
Nun tritt das Bild des Pferds in der modernen Kunst weniger häufig auf, auch, weil das Pferd weder als Fortbewegungsmittel noch als Kriegsgerät mehr Bedeutung hat. Vielmehr kann man es inzwischen als Symbol auch für Rollenzuschreibungen lesen, der Wilde Westen grenzt an den Ponyhof. Schräg gegenüber „steht“ direkt auf die Wand tapeziert das Ganzkörperfoto eines jungen Mannes. Er ist gleichsam an der Tür und verbindet so das Außen mit dem Innen, gesteigert noch durch den auf sich selbst gerichteten Blick. Seine nackte Haut ist von der Künstlerin mit Symbolen bezeichnet, die wie Tätowierungen wirken. Hier ist die Haut Bildträger, der männliche Körper das Medium. Der Einbau des Holzpodestes in eine Raumecke des Ausstellungsraums, stellt die reduzierte, analytisch künstlerische Haltung von Josephine Altmeyer im wahrsten Sinne des Wortes aus:
Der Sockel ist leer, es werden also Rollen in Frage gestellt und seine Funktion ist mehrdeutig: Was
oder wer wird ausgestellt?
Ebenso das von Hand überschriebene Leuchtschild der Galerie. Es zeigt nochmal genau, was die Künstlerin antreibt. Außenraum und Innenleben werden getauscht, Handschrift neben technische Genauigkeit gesetzt, Größenverhältnisse hinterfragt und selbst die Blickrichtungen des Zeigens werden von Josephine Altmeyer überprüft. Wann wird Kunst?
Und vor allem, wer ist nun Joe?
Gabriele Regiert, im Februar 2022